Diskussion der SPD-Senioren mit MdL Lisa Gnadl
Zeitenwende: „Auswirkungen werden wir alle spüren“
Krieg in der Ukraine, Klimawandel, hohe Energie- und Lebensmittelpreise, und Corona ist auch noch nicht vorbei - die Zeitenwende hat viele Gesichter.
Die Auswirkungen spüren derzeit alle Menschen. Aber einige sind besonders hart betroffen. Die Landtagsabgeordnete und Wetterauer SPD-Vorsitzende Lisa Gnadl war zu Gast bei der Karbener SPD-Senioren-Arbeitsgemeinschaft 60plus im Clubraum 1 des Bürgerzentrums, auch Senioren ohne SPD-Parteibuch waren mit dabei.
Gnadl findet es angebracht, dass die Bundesregierung unter Kanzler Scholz ihre Entscheidungen bisher mit Bedachtsamkeit getroffen hat, auch wenn dies von der Opposition und einigen Medien als Zauderei und Führungsschwäche des Kanzlers bezeichnet werde. Einzelheiten wurden durchaus kontrovers diskutiert.
„Durch die Corona-Pandemie war vieles in den letzten beiden Jahren nicht möglich“, meinte Lisa Gnadl nach der Begrüßung durch AG-Sprecherin Christel Zobeley und sie freue sich, wieder solche persönlichen Treffen mit anderen Menschen wahrnehmen zu können.
„Aber vorbei ist Corona nicht, wir müssen gewappnet sein und rechtzeitig Vorsorge treffen, wenn voraussichtlich im Herbst die Infektionszahlen wieder steigen könnten. Erneute Schul- und Kitaschließungen dürfe es aber nicht mehr geben“, ist sich Lisa Gnadl sicher.
Die Landtagsabgeordnete weiter: „Bundeskanzler Olaf Scholz hat den Begriff „Zeitenwende“ in seiner Rede im Deutschen Bundestag am 27. Februar eingebracht, und tatsächlich hat sich mit Beginn des vom russischen Staatspräsidenten Putin angezettelten Angriffskrieges gegen die Ukraine und ihre Bevölkerung die Welt dramatisch verändert. Zurecht macht das vielen Menschen derzeit auch in Deutschland Sorgen und Angst.“ Insbesondere Mitbürgerinnen und Mitbürger, die in den 1930er Jahren oder früher geboren sind, hätten die schrecklichen Auswirkungen eines Krieges noch in ihrer Erinnerung und fürchteten eine Ausdehnung des Ukrainekrieges auf weitere, westliche Länder. „Aber auch junge Leute haben Angst, dass Deutschland wegen der Lieferung von Waffen an die Ukraine zum Kriegsbeteiligten werden könnte“, ergänzte Lisa Gnadl unter Hinweis auf ihre Treffen mit Schulklassen. „Daher bin ich froh, dass die Bundesregierung unter Kanzler Scholz alle Entscheidungen bisher mit Bedachtsamkeit getroffen hat, auch wenn dies von der Opposition und einigen Medien als Zauderei und Führungsschwäche des Kanzlers bezeichnet wurde.“ Sie erinnerte, dass Deutschland zu den großen Geberländern der Ukraine gehöre. Gnadl weiter: „Auch wird kritisiert, dass Olaf Scholz - wie der französische Staatspräsident Macron - versucht, den Gesprächsfaden mit Russland nicht ganz abreißen zu lassen. Wir dürfen nicht vergessen, dass irgendwann auch dieser Krieg beendet werden muss, und das geht nur durch Verhandlungen.“ Aus dem Zuhörerkreis wurde gefragt: Müssen wir alles über Bord werfen, was in den vergangenen 50 Jahren an Friedenspolitik geleistet wurde? Inwieweit weitere Waffenlieferungen eine schnelle Kriegsbeendigung befördern oder eher verhindern würden, darüber waren die Anwesenden durchaus geteilter Meinung.
Zur Möglichkeit des Eintritts der Kriegsbeteiligung Deutschlands gab SPD-Ehrenvorsitzender Klaus-Peter Hampf zu bedenken: „Wir hier sind auf nichts vorbereitet – wir haben nix: kein brauchbares Militär, keine ausreichenden Zivilschutzeinrichtungen! Wir in Deutschland und Europa haben uns an das Völkerrecht gehalten. Unser bisheriger Partner Russland hat das Völkerrecht gebrochen - und tut es jeden Tag weiter durch die unsäglichen Angriffe auf die ukrainische Zivilbevölkerung und die Vernichtung von Wohngebäuden und lebenswichtigen Einrichtungen.“
Lisa Gnadl begrüßte, dass für die Behandlung der Geflüchteten aus der Ukraine eine gemeinsame EU-Lösung gefunden wurde. „In Deutschland können sie somit in den Arbeitsmarkt integriert werden. Eine schnelle Integration ist wichtig.“ Aus dem Teilnehmerkreis wurde kritisiert, dass dadurch eine Zweiklassen-Flüchtlingsgesellschaft entstehe, da immer noch früher Geflüchtete aus anderen Ländern der Welt in Sammelunterkünften untergebracht seien und keinen Zugang zum Arbeitsmarkt haben. Lisa Gnadl sah die Kritik berechtigt: „Wir müssen uns z.B. auch fragen: Wie gehen wir mit Menschen um, die aus Russland fliehen, weil sie dem Regime kritisch gegenüberstehen?“ Generell plädierte sie für eine schnellere Integration von allen Geflüchteten, egal aus welchen Ländern sie kommen.
„Auch dürfen wir unsere gesamte Einwohnerschaft nicht vergessen, die von den Kriegsfolgen stark belastet werden. Insbesondere Energie- und Nahrungsmittelpreise steigen, der Wohnungsmarkt ist angespannter denn je. Neben den beschlossenen Entlastungspaketen müssen wir strukturell etwas verändern. Und das tun wir, z.B. mit dem in der Ampel-Koalition vereinbarten Bürgergeld und der Kindergrundsicherung. Für diese Maßnahmen hat sich die SPD stark gemacht!“, erklärte die Landtagsabgeordnete. Bei aller Wertschätzung für die Arbeit der ehrenamtlichen Organisatoren und Helfer bei den Tafeln sei es ein Armutszeugnis, dass es immer mehr Tafelkunden gäbe, weil die staatlichen Angebote nicht ausreichend seien - immer noch gelte: Armut vererbt sich. Das müssen wir durchbrechen, auch mit guter Bildungspolitik in Hessen. Dem Ampel-Partner FDP sei das Soziale wohl egal, war man sich in der Runde einig.
Der Krieg verschärfe auch bei uns in Deutschland das schon bestehende Problem von zu wenig bezahlbaren Wohnungen, unsere öffentlichen Haushalte würden durch das Sondervermögen für die Bundeswehr und das künftig regelmäßige Ansteigen des Wehretats sowie die Wirtschaftseinbußen infolge von Lieferkettenproblemen weiter belastet.
Ein Teilnehmer merkte an, anstelle eines in der Öffentlichkeit diskutierten „bedingungslosen Grundeinkommens“ sollte ein „bedingungsvolles Grundeinkommen“ geschaffen werden, d.h. eine staatliche Leistung, für die der Betroffene bestimmte Bedingungen erfüllen müsse, um sie zu erhalten. Lisa Gnadl meinte dazu, dass in der Ampel-Koalitionsvereinbarung aufgeführte Bürgergeld könne Teil einer Lösung sein. Wichtig sei der ebenfalls darin beschlossene Bau von jährlich 400.000 neuen Wohneinheiten. Schwierigkeiten gebe es aber am Bau, da Rohstoffe und Handwerker in ausreichender Zahl nicht zur Verfügung stünden, was durch den Krieg weiter verschärft werde. Wichtig sei aber aus ihrer Sicht auch, sich angesichts der Ausgaben über eine gerechte Verteilung von Vermögen einzusetzen. Wir müssen jetzt als SPD zusammen mit den Gewerkschaften wieder die Vermögensbesteuerung ins Spiel bringen.
Lisa Gnadl abschließend: „Wir werden strukturelle Veränderungen anstoßen, um die durch den Kriegsbeginn zusätzlich eingetretenen Probleme zu meistern – die bisherigen wie Coronafolgen, Klimawandel, Energiewende und Preissteigerungen sind ja nach wie vor da. Die Auswirkungen werden wir alle spüren. Der Druck auf die Politik wird größer, insbesondere die zu unterstützen, die damit nicht mehr allein zurechtkommen können.“
Foto: MdL Lisa Gnadl (links), AG-60plus-Sprecherin Christel Zobeley