Karbener Notarzt Dr. Thomas Spies spricht über Gesundheitspolitik
Das Märchen von der Kostenexplosion im Gesundheitswesen
Dr. Thomas Spies ist mehrmals im Jahr für den ASB als Notarzt in Karben unterwegs. Hauptberuflich sitzt er allerdings für die SPD als Abgeordneter im hessischen Landtag und ist dort gesundheitspolitischer Sprecher der Fraktion. Nebenbei vertritt er als stellvertretender Vorsitzender die gesundheitspolitischen Interessen seiner Partei in der Bundesversammlung der Arbeitsgemeinschaft der Sozialdemokraten für das Gesundheitswesen in Berlin. Mit anderen Worten ein Vollprofi im Gesundheitswesen.
Die SPD in Karben ist froh, Dr. Spies für ihre Veranstaltung zum Thema „Gesundheit, ist das jetzt Luxus?“ am 7. Februar gewonnen zu haben. Dr. Spies sprach vor ca. 50 interessierten Bürgerinnen und Bürgern über die Auswirkungen der Gesundheitsreform von Minister Rösler, FDP.
Er überraschte das Publikum schon zu Beginn mit der Aussage über „das Märchen von der Kostenexplosion im Gesundheitswesen“, indem er schlüssig darlegte, dass die Kosten in Bezug auf das Brutto-Inlands-Produkt (BIP) seit 1973 nicht gestiegen sind. Das Problem liegt darin, dass der Beitrag nur auf den Lohn erhoben wird, aber die Lohnquote sinkt. Zudem können sich gesunde Gutverdiener dem System entziehen und deren Einkommen werden nur bis zur Beitragsbemessungsgrenze herangezogen. Er kritisierte die Zwei-Klassen-Medizin, die sich durch die neue Gesundheitsreform noch verstärken wird. „Röslers Reform leitet schleichend den Weg zur Kopfpauschale ein.“ Durch die Möglichkeit der Kassen für alle Versicherte einheitliche Zusatzbeiträge ohne Obergrenze erheben zu können, zahlen die Geringverdiener den größten Teil der Zeche. Dazu kommt noch die Möglichkeit für Ärzte zukünftig auf Vorkasse ihre Leistungen gegenüber den Patienten abrechnen zu dürfen. Die Patienten müssen sich dann das Geld von ihrer Krankenkasse wieder holen und bleiben dabei auf der Differenz zwischen der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) und den Regelsätzen der Kassen sitzen.
Dr. Spies spricht sich wie die SPD im Gegensatz zur Reform von Minister Rösler eindeutig für eine solidarische Bürgerversicherung aus. Er rechnet vor, dass bei Abschaffung der Beitragsbemessungsgrenze der Beitrag für alle auf 9-10% sinken würde. „Durch die Beitragsbemessungsgrenze werden geringe Einkommen überproportional belastet.“ Das SPD-Modell der Bürgerversicherung sieht vor, das alle Einkommensarten berücksichtigt werden, also neben den Löhnen auch z.B. Mieteinahmen oder Einnahmen aus Kapitalerträgen. Dadurch wird der Beitragssatz insgesamt sinken und das System gerechter.
In der anschließenden Fragerunde ist Dr. Spies noch auf die Möglichkeiten der Kommunalpolitik in der Gesundheitsversorgung eingegangen. Insbesondere vor dem Hintergrund des Ärzteschwundes im ländlichen Raum bieten sich neue Wege an, z.B. durch Gründung von Medizinischen Versorgungszentren, die u.a. durch wechselnde Praxisbelegungen von unterschiedlichen Fachärzten eine abgerundete Versorgung ermöglichen können.
Abgeschlossen hat Dr. Spies seinen Vortrag mit einem Zitat von Oswald von Nell-Breuning (Sozialphilosoph aus dem 19. Jahrhundert) mit den Worten: "Es gibt keine Gemeinschaft und es kann keine geben, in der das Solidaritätsprinzip nicht gilt."